Schlafapnoë
Schnarchen ist doch nicht schlimm
Ich schnarche, so lange ich mich erinnern kann. Für mich war Schnarchen einfach ein drolliges Geräusch, was Schlafende von sich geben. Ich fand es als Kind schon immer witzig, wenn meine Grossmutter vor dem Fernseher eingeschlafen ist, und diese Geräusche von sich gegeben hat Eine kleine Anomalie, belustigend, wenn jemand in einer Konferenz oder im Theater schnarcht und ganz bestimmt auch lästig, störend bis unterträglich für diejenigen, welche neben einem Schnarcher schlafen wollen, und nicht können.
Selbst als mir zugetragen wurde, dass ich nicht kontinuierlich schnarche, sondern Atemaussetzer habe, hat mich das nicht weiter zum Nachdenken gebracht. Ich wache am Morgen in der Regel vor dem Wecker auf, bin ausgeschlafen, voller Energie und schlafe tagsüber nicht ein, also kein Problem! Dachte ich.
Schlafapnoë bei einem Apnoëtaucher
Warum es eben doch ein Problem ist, möchte ich in diesem Artikel beleuchten. Ich bin kein Arzt und gebe hier nur die Sicht eines Patienten wieder. In einer Hinsicht bin ich aber ein spezieller Patient: Ich bin Apnoë-Taucher und Freediving-Instructor, also eigentlich ein Experte für's Nicht-Atmen: Wenn auch für die bewusste Apnoë tagsüber.
Bevor ich das Thema vertiefe, ein Hinweis zur korrekten Aussprache von Apnoë. Diese beiden Punkte auf dem "e" gehören tatsächlich zum "e" und sind keine Umlaute von "o". Das Wort wird also "Ap-no-e" ausgesprochen und nicht "Apnö". Wer mehr zum "ë" lesen möchte, findet hier den Wiki-Artikel über das Trema.
Genug geklugscheissert und nun weiter im Thema.
Diagnose: Keine Schlafapnoë
Da ich schon seit ich 30 bin hohen Blutdruck habe, den ich auch medikamentös behandle, muss ich einmal jährlich zum Hausarzt, der meine Nierenwerte überprüft (Die Nieren haben eine wichtige Funktion im Zusammenhang mit dem Blutdruck) und schaut, ob meine Blutdruckwerte sich im Rahmen bewegen. Ab und zu machen wir auch eine 24h-Blutdruckmessung, bei der ich einen Tag und eine Nacht lang ein Gerät am Gürtel tragen muss, welches über eine Armmanschette alle 15 Minuten den Blutdruck misst. Nicht sehr angenehm, man schläft nicht so gut mit dem Ding am Arm, aber es ist auszuhalten.
Letztes Jahr im August war es dann wieder so weit und ich sass am Pult bei meinem Hausarzt. Wir kamen auf mögliche Schlafapnoë zu sprechen. Um dies auszuschliessen, schlug mein Hausarzt vor, dass ich diesemal die 24-Stunden-Blutdruckmessung nicht mit seinem Gerät machen solle, sondern mit dem eines Kardiologen, der über ein Gerät verfüge, was auch die Sauerstoffsättigung messen würde. So weit so gut, also ging ich zu diesem Kardiologen und habe die Prozedur über mich ergehen lassen. Gutes Resultat: Kein Hinweis auf Schlafapnoë, alles bestens!
Ich zweifle an der Diagnose
Ich lasse mir grundsätzlich immer Kopien von allen Arztberichten, Untersuchungsberichten etc. geben, so auch von der 24-Stunden-Blutdruckmessung mit Sauerstoffsättigung. Mir kam es aber komisch vor, dass im Ausdruck der Software keine Sauerstoffsättigungswerte aufgelistet waren. Also liess ich meinen Hausarzt beim Spezialisten nachfragen: Die Aussage war, dass es ein Problem mit der Software gegeben habe, die Rohdaten seien aber alle da und die Werte seien in Ordnung.
Ich bin Informatiker. Wenn ich höre, die Rohdaten seien da aber erscheinen nicht in der Auswertung; da bimmelt ein kleines Glöckchen in meinem Gehirn. Leider nicht laut genug.
Was ist denn Sleepiz?
Es muss etwa einer Woche später gewesen sein, da wird mir in Facebook eine Werbeanzeige einer Schlafanalyse einer Firma Sleepiz eingeblendet. Da auf Facebook meistens nur für Textilien aus China oder Geschenke für Leute, die schon alles haben, geworben wird, will ich schon weiterblättern, aber ich bleibe hängen. Das Glöckchen bimmelt wieder. Schlafanalyse für 74.50 CHF statt für 149 CHF? Das kann ja nichts Schlaues sein. Handkehrum, was habe ich schon zu verlieren, ausser 74.50 CHF? Ich bestelle mir also so eine Schlafanalyse. Die Transaktion mit meiner Kreditkarte bricht ab, zweiter Versuch ebenso, also gebe ich auf. Das ist nichts Seriöses, wusste ich ja gleich.
Ein paar Tage später bekomme ich einen Anruf auf's Handy. Ich merke schon an der Stimme, dass dies nicht einer dieser üblichen Werbeanrufe ist, welche ich fast jeden Tag bekomme. Die Dame am Telefon sagt, dass sie daran sei, meine Sleepiz-Bestellung zu verarbeiten und sie frage sich, ob ich das wirklich zweimal bestellt habe? Ich: "Nein, da war ein Problem mit meiner Kreditkarte, bitte nur einmal." "Kein Problem", sagt die Dame: "ich storniere ihre 2. Bestellung einfach und der Betrag wird Ihnen auf der Kreditkarte gutgeschrieben.". Ich bin beeindruckt, ist an der Sache doch was dran?
Einen oder zwei Tage später, bekomme ich eine grosse Schachtel nach Hause geschickt. Darin befindet sich ein professionell gemachter Koffer voller Hardware. Ein Gerät auf einem schweren Stativ mit Sockel, welches man auf Brusthöhe neben das Bett stellt (ich vermute, es ist ein Lidar-Sensor), ein Computer fürs Handgelenk mit Fingerkuppensensor, ein Tablett um die Daten der Sensoren einzusammeln und zu übermitteln und alle benötigten Kabel und Netzteile. Alles ist gut erklärt und die Installation rasch gemacht.
Ich schlafe die nächsten 3 Nächte überwacht, quasi das Schlaflabor zu Hause. Das Tablett schickt die Daten ins Netz und ich bekomme jeweils gegen Nachmittag eine eMail, dass die Datenqualität der letzten Nacht gut gewesen sei. Nach 3 Tagen verpacke ich alles wieder in die Kiste und schicke das Paket für mich portofrei zurück zu Sleepiz.
Die Ahnung bestätigt sich, die Auswertung von Sleepiz
Ich kann dann online einen Telefon-Beratungstermin wählen und bekomme diesen bestätigt. Da der Name der Dame, welche mit mir den Termin durchführen wird, in der Einladung angeben ist, bemühe ich schnell Google. Es handelt sich, entgegen meiner Vorurteile nicht um eine Fake-Persona einer Helpdesk-Mitarbeiterin in Indien, sondern um einen Menschen aus Fleisch und Blut und einer guten Ausbildung. Ich bin gespannt.
Beim 30 Minuten telefonischen Beratungsgespräch stellt sich dann raus, dass ich eine leichte bis mittelgradige Schlafapnoe habe. In den 3 Nächten hatte ich zwischen 10 und 18 Respiratorische Events pro Stunde, d.h. so alle 3-6 Minuten passiert da was, was nicht sein soll.
Die Dame am Telefon versucht mir nun nicht etwa ein spezielles Kissen oder eine Matraze zu verkaufen (du siehst, ich bin immer noch sehr skeptisch), sondern empfiehlt mir, das Resultat mit meinem Arzt zu besprechen.
Da ich sowieso noch einen Folgetermin bei meinem Hausarzt habe, nehme ich die Auswertung, welche ich als PDF-Dokument bekommen habe, gleich mit.
Hier eine der Tabellen aus der Analyse von Sleepiz:
Schlafanalyse beim Facharzt Lungenkrankheiten und Schlafmedizin
Mein nächster Termin führt mich in eine Facharztpraxis für Pneumologie und Schlaf. Ich bekomme wieder ein Gerät für Schlafanalyse nach Hause. Dieses Modell schnalle ich mir auf die Brust, bekomme ein Röhrchen vor die Nase für die Messung der Atmung und wieder einen Sauerstoffsensor an die Fingerkuppe. Gemessen wird nur eine Nacht lang. Am nächsten Tag bringe ich das Gerät zurück und bespreche die Resultate gleich mit dem Arzt. Sein Befund ist klar und so steht dann auch in seinem Bericht: "Bei der Durchsicht der Rohdaten zusammen mit dem Patientien zeigt sich in Rückenposition ein massiver Befund mit obstruktiven Apnoen und Hypopnen im Halbminutentakt. Soweit Nachweis einer hochgradigen schlafbezogenen Atemstörung."
Der Arzt zeigt mir am Bildschirm den Verlauf seiner Messungen. Sein Gerät verfügt zwar über keinen Lidar, aber die Auflösung ist sehr fein, mir scheint, dass das Gerät im Sekundentakt die Messwerte erfasst und dann in meterlangen Grafiken am Bildschirm visualisiert.
Während meines Schlafes zeigt sich folgendes Muster: Mein Puls sinkt, mein Schlaf wird tiefer, mein Atem setzt aus, meinee Sauerstoffsättigung im Blut sinkt, mein Puls steigt, ich werde wacher, ich schnappe nach Luft, der Puls senkt sich wieder, die Sauerstoffsättigung steigt, mein Schlaf wird wieder tiefer. Dieses wiederholt sich so zirka alle 2 Minuten und dauert die ganze Nacht. In der gemessenen Nacht, in der ich 5 Stunden schlief, war ich ganze 2 Stunden hypoxisch. Mein Körper ist die ganze Nacht, statt sich zu erholen, im Überlebenskampf, Stresshormone werden ausgeschüttet und ich komme nicht zur Ruhe.
Jeder, der schon mal Static gemacht hat, weiss, wie sich die letzten Sekunden des Kampfes anfühlen, wenn der Atemreiz überhand nimmt und jede Faser des Körpers nur noch "Atmen!" schreit. Dies mute ich meinem Körper jede Nacht über hundert Mal pro Nacht zu, statt ihm Ruhe zu geben um sich zu erholen.
Warum wurde meine Schlafapnoe nicht schon früher diagnostiziert?
Mein "Problem" mit der Schlafapnoe ist wohl, dass bei mir das typische Symptom fehlt: Ich wache morgens frisch auf, bin aktiv und voller Energie. Offenbar kann mein Körper den schlechten Schlaf kompensieren. In der Nachschau erinnere ich mich, dass mich schon viele Ärzte nach Müdikkeit und Antriebslosigkeit befragt haben. Mit meiner Antwort, hat wohl jeder von den Ärzten innerlich die Checkbox "Mögliche Schlafapnoe" abgehakt. Schlafapnoisten (oder heisst es: Schlafapnotiker) müssen müde sein!
Therapie: Ich bekomme ein CPAP-Gerät
Der Schlafarzt fackelt nicht lange: Der Durchgang in meinem Gaumen ist anatomisch bedingt sehr eng und wenn ich schlafe, dann macht das erschlaffte Gewebe den Durchgang zu. Von Operation rät er mir ab und in Frage kommt nur ein CPAP-Gerät. Das Gerät saugt Raumluft an, verdichtet dies und führt über eine luftdichte Maske, Überdruck in meine Nase. Dieser Überdruck wird das Gewebe weiten und so kommt genügend Luft in meine Lungen.
Obschon die Aussicht, künftig wie ein Cyborg mit Maske im Gesicht schlafen zu müssen, nicht grad erbaulich ist, bin ich doch erleichtert, dass ein wichtiger Faktor von Ungesundheit in meinem Körper gefunden wurde, und sich dieser mit einem relativ einfachen Gerät korrigieren lässt.
Da ich ja schon über etwas Erfahrung verfüge im Schlafen mit Geräten an Arm, Brust, Bauch und Finger, werde ich mich bestimmt nach 1-2 Nächten an die Maske gewöhnen, denke ich, und fortan noch frischer und munterer aus dem Bett springen bereit Bäume auszureissen!
Manchmal kommt es anders, als man denkt.
Wie schläft es sich mit einem CPAP?
Das Gerät arbeitet zum Glück geräuschlos, das ist schon mal gut. Zieht man die Maske an, verschliesst sie luftdicht die Nase. 15 Minuten lang, bis zum Einschlafen, strömt sanft etwas Luft in die Maske, so weit so gut. Ist man dann aber eingeschlafen, beginnt das Gerät den Druck hochzufahren: Man wird also quasi durch die Nase aufgeblasen. Das ist so weit ganz okay, wenn man mit geschlossenem Mund schläft.
Wenn man aber mit offenem Mund schläft, wie ich offenbar die letzten 58 Jahre, dann muss sich der Körper erst umgewöhnen. Macht man nämlich nachts den Suppenschlitz auf, dann strömt laut Luft aus dem Mund, denn der ganze Mund-/Nasen-/Rachenraum ist ja unter Überdruck gesetzt. Vom Geräusch und dem Gefühl der zischenden Luft wacht man natürlich auf, erschrickt und dann ist man erst mal irritiert.
Ich versuche etwas 5 Nächte hintereinander mit der Maske zu schlafen. Endlich fühle ich mich wie ein Schlafapnoist: Ich komme morgens kaum aus den Federn, bin müde, tranig, antrieblos und schlafe im Sitzen ein. Toll!
Es mag daran liegen, dass ich seit nunmehr 5 Wochen erkältet bin und mit meiner sowieso schon verschleimten Nase zu wenig Luft bekomme. In Absprache mit meinem Arzt, steht mein CPAP jetzt erst mal im Stand-by-Modus auf meinem Nachttisch. Sobald meine Erkältung auskuriert ist, beginne ich wieder damit, mich an meine neue Schlafsituation zu gewöhnen.
Meinen Folgetermin, zur Überprüfung der Daten, welches mein CPAP aufzeichnet (da ist natürlich ein Computer drin, das Gerät misst die Atmung und passt sich den Gegebenheiten an) werde ich erst mal verschieben. Ich soll das Gerät 4 Wochen lang regelmässig getragen haben, und davon bin ich momentan (Stand Anfangs Februar 2024) noch weit entfernt.
Ich war diese Woche geschäftlich in Barcelona. Ein Arbeitskollege und Freund von mir aus Malaysia war auch da: Er hat sein CPAP immer dabei, schläft sehr gut damit, hat aber 5 Monate gebraucht, um sich daran zu gewöhnen...
Fazit
Du bist selber für deine Gesundheit verantwortlich. Du brauchst zwar Ärzte mit ihrem Fachwissen, ihrer Erfahrung, ihren Geräten und ihren Kompetenzen aber du musst selber für dich Entscheidungen treffen. Kein Arzt kann dir das abnehmen. Vertraue deinen Ärzten, aber bleibe kritisch, frage nach und wenn dich die Antwort nicht zufriedenstellt, gehe zu einem anderen Arzt.
Schnarchen ist nicht einfach ein Geräusch, was du in der Nacht machst, sondern könnte Symptom einer Schlafapnoe sein. Du kannst Schlafapnoe haben, auch wenn du subjektiv gut schläfst.
Handle vorausschauend. Schlafapnoe tut nicht weh und macht dich auch nicht zwingend müde. Langfristig kann Schlafapnoe aber fatale Folgen für deine Gesundheit haben.
So ein CPAP Gerät ist nicht sexy und es braucht Zeit um sich daran zu gewöhnen. Wenn ich die Wahl zwischen einem Medikament für den Rest meines Lebens zu nehmen oder in der Nacht ein CPAP zu tragen, würde ich wohl letzteres wählen. Es ist zwar mühsamer aber hat keine Nebenwirkungen.
Mach doch mal so eine Schlafanalyse bei Sleepiz. Ich bin mit der Firma nicht verbandelt, bekomme kein Geld für Werbung und habe auch keine Aktien. In meinem Fall hat mir deren Schlafanalyse aber sehr geholfen: Ohne deren Analyse wäre meine Schlafapnoe weiterhin unentdeckt geblieben. Danke Sleepiz!
Kommentare :0